Augmented Reality in der Veranstaltungstechnik

Interaktive 3D-Modelle als Bedienungshilfen für komplexe Konstruktionen und Systeme

Wie profitieren Nutzer:innen komplexer Technik und Produkte im Bühnen- und Veranstaltungsbereich von augmentierter Realität? Neben einer möglichen Zeitersparnis beim Aufbau von komplexen Maschinerien steht hier vor allem eine Steigerung der Sicherheit durch ein besseres Verständnis der korrekten Bedienung im Vordergrund. Als Grundlage für eine praxisnahe Auseinandersetzung mit den Anforderungen einer solchen Aufbauhilfe und zur Diskussion mit den verschiedenen Stakeholdern und Dialogpartner:innen entstand, in enger Zusammenarbeit mit der Firma Gerriets, ein erster funktionsfähiger Prototyp für den AR-unterstützten Aufbau einer Vorhangschiene.

FRAGESTELLUNGEN

  • Wie können XR–Technologien genutzt werden, um die tägliche Arbeit von Veranstaltungstechniker:innen zu verbessern und zu erleichtern?
  • Welche Werkzeuge werden benötigt, um die Sicherheit auf der Bühne zu erhöhen?

Ausgehend von der Fragestellung, wie die Arbeitssicherheit im Bühnenbereich durch den Einsatz von Augmented Reality erhöht werden kann, haben wir zunächst grundsätzliche Anwendungsszenarien der AR-Technologie im Kontext der Veranstaltungstechnik skizziert. So entstanden in Workshops mit Industriepartnern der DTHG Ideen für die Nutzung von Augmented Reality in der Fernwartung von Steuerungstechnik, als Unterstützung durch Gefahrenerkennung bei sicherheitsrelevanten Arbeiten und als Konstruktionshilfe beim Auf- und Abbau von komplexen Bühnendekorationen.

Aufgrund der technischen Umsetzbarkeit haben wir uns der tiefergehenden Untersuchung einer augmentierten Konstruktionshilfe gewidmet. Im Veranstaltungsbereich und auf Theaterbühnen kommen hochkomplexe Gerätschaften zum Einsatz. Dabei sind die eingesetzten Technologien und Produkte so vielfältig, dass ihre Bedienung nicht allumfassend in der Ausbildung vermittelt werden kann. Hinzu kommt, dass als Papierdokumente vorliegende Aufbau- und Bedienungsanleitungen häufig zu unspezifisch und – insbesondere im Arbeitsumfeld auf der Bühne – unpraktikabel in der Handhabung sind. An dieser Stelle können digitale Anleitungen die Arbeit der Bühnentechniker:innen unterstützen und durch eine erhöhte Lesbarkeit digitaler 3D-Modelle einen entscheidenden Mehrwert erzeugen.

Als exemplarisches Produkt haben wir die TRUMPF 95 Vorhangschiene der Firma Gerriets ausgewählt. Das System kommt weltweit zum Einsatz und jedes Jahr werden mehrere dutzend Kilometer dieses Schienentyps verkauft und verbaut. Bevor wir uns der Entwicklung der digitalen Anleitung widmeten, haben wir uns zunächst eingehend mit dem analogen Produkt auseinandergesetzt.

Unter der Anleitung von Andreas Gause (Leiter Marketing & Key Account Management bei Gerriets) haben wir eine Schiene mehrfach auf- und abgebaut und eine Übersicht über alle Bedienungsschritte, die eine Konstruktionshilfe benötigt, erstellt. Entscheidend für den erfolgreichen Aufbau einer Vorhangschiene ist die Reihenfolge, in der die Elemente zusammengebaut werden. Zudem ließ sich im Analogen nachvollziehen,
aus welchen einzelnen Modultypen das Modulset „Vorhangschiene” besteht. Da das Augmentieren von analogen Objekten mittels digitaler Inhalte ein
Verständnis der analogen Materie voraussetzt, war dieser Praxis-Workshop ein wesentlicher Schritt im Projektprozess.

So entstand ein erster funktionsfähiger Prototyp für den AR-unterstützten Aufbau einer Vorhangschiene: Die Anleitung in Form einer interaktiven Website führt die Nutzer:innen nach einer Übersicht aller verwendeten Teile und benötigten Werkzeuge in zehn einfachen Schritten durch den Aufbau. Ein kurzer begleitender Text (theoretisch auch in mehreren Sprachen möglich) beschreibt die Vorgänge, weist auf Fallstricke hin und verrät Tipps und Tricks. Die einzelnen Aufbauschritte sind als dreidimensionale Animationen hinterlegt und können durch die Nutzer:innen nacheinander aufgerufen werden. Dabei können Blickwinkel und Zoomfaktor selbst bestimmt werden.

Die Umsetzung als Website ermöglicht es, die Anleitung im Nachhinein zu verändern oder zu verbessern und dann schnell an die Nutzer:innen weiterzugeben – ohne, dass die Anwendung auf den Endgeräten aktualisiert werden muss. Durch den Einsatz der relativ neuen WebXR -Schnittstelle lassen sich Website und Aufbauanleitung auf einer Vielzahl unterschiedlicher Endgeräte darstellen. Die Technologie ermöglicht es, 3D-Objekte einerseits auf konventionellen Bildschirmen (zum Beispiel auf einem Rechner oder Tablet) darzustellen, andererseits – durch den Einsatz einer Augmented Reality-Brille oder der AR-Funktion eines Smartphones oder Tablets – auch immersiv-räumlich in die eigene Umgebung zu „projizieren”.

Projektteam digital.DTHG
Projektleitung: Franziska Ritter, Pablo Dornhege
Entwicklung: Lea Schorling, Sascha Sigl
3D-Modellierung/Scans: Sascha Sigl, Pablo Dornhege
Design und Interface: Maria Bürger

Kooperationspartner und Fachberater
Andreas Gause, Gerriets GmbH
Arved Hammerstädt, cast C.ADOLPH &
RST DISTRIBUTION GmbH
Akademie für Theater und Digitalität Dortmund
Olaf Grambow und das Techniker:innen Team des
Deutschen Theater Berlin
Vincent Kaufmann, digital.DTHG

Aktuelles zum Projekt

 

Webinar für die European Theatre Convention: „Im/material Theatre Spaces“

In diesem Webinar für die European Theatre Convention zeigt unsere Projektleiterin Franziska Ritter verschiedene Ansätze und Möglichkeiten anhand des Forschungsprojekts „Im/material Theatre Spaces“ von digital.DTHG, dem digitalen Kompetenzzentrum der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft. Das Theater war schon immer ein Vorreiter für die Entwicklung und Anwendung neuer Technologien, es ist ein Ort der künstlerischen und technischen Innovation, …

Abschluss-Publikation des Forschungsprojektes „Im/material Theatre Spaces“

Das Forschungsprojekt „Im/material Theatre Spaces – Augmented and Virtual Reality for Theatre“ ist nach 2,5-jähriger Laufzeit erfolgreich abgeschlossen. Die nun vorliegende Publikation fasst die Projekterkenntnisse zusammen und gibt Einblicke in die interdisziplinäre praxisnahe Forschungsarbeit. (Download pdf)

Präsentation auf der Bühnentechnischen Tagung in Ulm

Im Juni 2022 fand die 61. Bühnentechnische Tagung der DTHG in Ulm statt: mit einem umfangreichen Programm aus Präsentationen, Podiumsdiskussionen, Round Tables und Vorträgen konnte die Theaterlandschaft endlich wieder live ihren Branchentreff feiern.  71 Firmen und mehr als 1.100 Gäste waren vor Ort, lernten sich kennen und tauschten sich aus. Im Immersive Showroom hat das …

Ergebnisse des Projekts Augmented Reality in der Veranstaltungstechnik

Interaktive Bedienungsanleitungen komplexer Konstruktionen und Systeme Im Veranstaltungsbereich und auf Theaterbühnen kommen hochkomplexe Gerätschaften zum Einsatz. Dabei sind die eingesetzten Technologien und Produkte so vielfältig, dass ihre Bedienung nicht allumfassend in der Ausbildung vermittelt werden können. Hinzu kommt, dass als Papierdokumente vorliegende Aufbau- und Bedienungsanleitungen häufig zu unspezifisch sind und – insbesondere im Arbeitsumfeld auf …

Einblicke und Ausblicke – Interview Franziska Ritter und Pablo Dornhege

Zum Abschluss des Forschungsprojekts geben die beiden Projektleiter:innen Franziska Ritter und Pablo Dornhege einen Blick hinter die Kulissen ihrer zweijährigen Arbeit, ziehen ein Resumé und schauen ein Stück weit in die Zukunft. Sie stellen sich damit selbst den Fragen, die sie im laufenden Projekt ihren Partnern gestellt haben

BTT 2022 – Bühnentechnische Tagung in Ulm am 29. & 30. Juni

Bei der 61. Bühnentechnischen Tagung 2022 in Ulm präsentieren sich Ende Juni nicht nur die wichtigsten Unternehmen der theatertechnischen Branche – es gibt ein umfassendes Rahmenprogramm und wir präsentieren die Ergebnisse unseres Forschungsprojektes „Im/material Theatre Spaces“.

Ergebnisse, Lizenzen, Nachhaltige Nutzung

Die 2019-2022 im Rahmen des Forschungsprojekts „Im/material Theatre Spaces“ entwickelten Lösungsansätze dienen durch ihren prototypischen Modell-Charakter als nachhaltig übertragbare Konzepte. Die gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Musterlösungen wurden auf verschiedenen Kanälen veröffentlicht und werden so der gesamten Kulturlandschaft zur freien und flexiblen Nachnutzung zur Verfügung gestellt. 

„Hier ist die Technologie weit mehr als ein Gimmick“ – Interview mit Andreas Gause

digital.DTHG Projektleiter:innen Franziska Ritter und Pablo Dornhege sprechen mit Andreas Gause, Director Marketing & Business Development der Firma Gerriets, über digitale Transformation im Bereich der Theaterindustrie. 

Kurz erklärt: Was? Wie? Web XR?

WebXR – was ist das eigentlich und wie funktioniert es? Wir nutzen diese Technologie für mehrere unserer digital.DTHG Prototypen – hier erklären wir, was dahinter steckt. 

Reality-Check WebXR-Tutorial am Deutschen Theater Berlin

In einem Praxistest haben wir Ende April 2021 mit dem Techniker:innen-Team des Deutschen Theater Berlin einen WebXR-Prototypen zum Aufbau der Gerriets TRUMPF 95 Vorhangschiene getestet. 

WebXR-Tutorial – ein Prototyp für digitale Aufbauanleitungen

Wir stellen die prototypische Musterlösung für die TRUMPF 95 Aufbauanleitung im Detail vor.

Video BTT_digital Session: „Augmented Reality in der Veranstaltungstechnik“

Das Teilprojekt „Augmented Reality in der Veranstaltungstechnik“ wird von den beiden Projektleiter:innen Franziska Ritter und Pablo Dornhege auf der BTT_digital aus dem digital.DTHG-Labor online vorgestellt.

Praxis-Workshop: Augmented Reality als Aufbauhilfe

Das Teilprojekt “Augmented Reality in der Veranstaltungstechnik” setzt sich zum Ziel, wiederkehrende Arbeitsabläufe wie das Auf- und Abbauen von Bühnenbildern oder das Warten und Verwalten von Theatertechnik mittels AR-Anwendungen zu erleichtern.

Workshop: AR in der Veranstaltungstechnik

Ideenworkshop: In der Theater- und Veranstaltungstechnik wohnen oft zwei Seelen in der Brust des Technikers: Einerseits schätzt er oder sie seit Jahren bewährte und zuverlässige Tools & Technologien, andererseits ist da aber auch immer die Neugierde nach dem Neuen und Unbekannten.

Kick-Off-Workshop: Ideen, Impulse und Prototypen

Grundlage und Ideengeber für das aktuelle Forschungsprojekt ist der interdisziplinäre Workshop »IM/MATERIAL THEATRE SPACES«, der im Frühjahr 2019 stattfand. Hier wurden prototypische Anwendungsszenarien und Vermittlungsstrategien für historische und zukünftige Theaterarchitekturen erprobt.

 

 

Weitere Projekte:

Virtuelle Bauprobe

In diesem Teilprojekt wird die Nutzung bestehender Anwendungen als Werkzeug für die Durchführung Virtueller Bauproben untersucht – also Bauproben, die nicht physisch im Theater und auf der Bühne stattfinden, sondern im virtuellen Raum und ortsunabhängig stattfinden können.

Theatererbe erlebbar machen

Dieses Teilprojekt widmet sich der Herausforderung, Theatererbe sichtbar zu machen und neue virtuelle Vermittlungsformen zu finden, die dem “Theater” als immaterielle Kunstform in seiner Ganzheitlichkeit gerecht werden.

Virtuelle Lehr- und Lernräume

Interaktive  Trainingstools für die Ausbildung von Theater- und Veranstaltungstechniker*innen