Kick-Off-Workshop: Ideen, Impulse und Prototypen

Mit dem Titel »IM/MATERIAL THEATRE SPACES« fand im Frühjahr 2019 unter Leitung von Franziska Ritter und Pablo Dornhege an der TU Berlin ein interdisziplinärer Auftakt-Workshop statt: hier wurde die Vermittlung des immateriellen Theatererbes mithilfe von digitalen Technologien wie Virtual und Augmented Reality erforscht und mehrere prototypische Anwendungsszenarien entwickelt.

Das DTHG-Projekt »Theaterlandschaft« hat 2018/2019 unter Leitung von Wesko Rohde und Hubert Eckart einen nachhaltigen Beitrag zur Würdigung des immateriellen Kulturerbes, zu Bau und Sanierung der Theatergebäuden in einer Reihe von Symposien und einem publizierten Leitfaden geleistet. In diesem Rahmen konnte in Kooperation mit der Beuth Hochschule Berlin (Prof. Dr. Bri Newesely)  in mehreren Workshops das Potential neuer Technologien für historische und zukünftige Theaterarchitekturen erprobt werden – ganz im Zeichen des Europäischen Kulturerbejahres „Sharing Heritage“.

Hochschul-, fächer- und länderübergreifend haben 20 Teilnehmer*innen aus den Bereichen Architektur, Bühnenbild, Archäologie, Informatik, Kunst, Design sowie Kunst- und Kulturwissenschaften in sechs Kreativteams verschiedene konzeptionelle Ideen und prototypische Realisierungen entwickelt.

Die ausführliche Dokumentation des Workshops gibt es hier als Download .

Hier stellen wir  die Ergebnisse in Kurzform vor:
Aus Anlass des Europäischen Kulturerbejahres unter dem Motto »Sharing Heritage widmen wir uns der Frage, welche Potenziale digitale Werkzeuge wie Virtual und Augmented Reality (VR und AR) im musealen und theatralen Kontext erzeugen können und wie die Zugänglichkeit zu im/materiellen »Theater-Objekten« verbessert werden kann. Dabei haben wir zwei verschiedene Perspektiven auf »Theater« eingenommen und dies am Beispiel von zwei ausgewählten Theatergebäuden untersucht: die Komische Oper Berlin sowie das nicht mehr existierende Große Schauspielhaus Berlin.

KOMISCHE OPER BERLIN: Um die Anwendungsfälle möglichst praxisnah zu simulieren, konnte die Komische Oper Berlin als Kooperationspartner gewonnen werden – ein Haus mit tradionsreicher und bewegter Baugeschichte, das in den kommenden Jahren einen umfassenden Umbau- und Sanierungsprozess durchlaufen wird.


KOMISCHES FORUM – Theater als Diskussionsraum

Von Alexander Walmsley, Johanna Rummel, Lotus Lien und Janik Albrecht
Dieses Projekt entwirft mittels Augmented Reality ein virtuelles Chat-Forum für Mitarbeiter*innen, Publikum, Politik und Fachplaner*innen. Ankerpunkt ist ein vereinfachtes Architekturmodell der Komischen Oper, das prominent im Foyerbereich platziert ist. Die Besucher*innen sind vor, zwischen und nach der Aufführung eingeladen, auf den dort zur Verfügung gestellten Tablets eigene Kommentare zu verfassen, zu lesen und den verschiedenen Bereichen des Theaters zuzuordnen. Die Besonderheit dieses virtuellen Gästebuches ist, dass die Kommentare über die AR-Technologie nicht nur im Modell, sondern auch im Raum sichtbar gemacht werden.


preSTAGE –
Theater als Prozess
von Oliver Burkhardt, Jan Müller und Magdalena Dimanski
Dieses Projekt versteht sich als Werkzeug für eine verbesserte Kommunikation im Arbeitsprozess an Theatern. »preSTAGE« ist ein Augmented Reality Tool, das die verschiedenen Schritte der Planung des Bühnenbildes verbessert. Mit einem Tablet oder einer holografischen Brille kann der Benutzer erste 3D-Modelle des Bühnenbildentwurfes virtuell bearbeiten, kommentieren und verschiedene Perspektiven einnehmen. Eine einfache Oberfläche hilft, potentielle Probleme zu erkennen und schnelle Änderungen im 3D-Modell vorzunehmen.


FUTURE OF …LA BOHÈME –
Theater als Gesamtkunstwerk
Von Takayoshi Goto, Maria Kobylenko und Maria Emilie Bürger
In der VR-Erfahrung »Future of… La Bohème« stellt der Besucher sich am Beispiel von Giacomo Puccinis Oper »La Bohème« seine eigene Inszenierung zusammen und erlangt somit Einblicke in die vielschichtige Welt des Theaters mit all seinen Möglichkeiten. Wie bei einem Kaleidoskop mit unendlichen Kombinationsmöglichkeiten können die Parameter Bühnenbild, Sound, Licht und Architektur im virtuellen Raum beliebigzusammengestellt werden. Mit einem Augenzwinkern kann hier jede*r selbst zum Regisseur und Bühnenbildner werden.

KOSMOS KOMISCHE OPER – Theater als zu entdeckender Ort
Von Claus-Peter Gabriel
Die Anwendung ermöglicht eine virtuelle Tour durch verschiedene Räume innerhalb und außerhalb der Komischen Oper Berlin. Es werden dabei vor allem Blickwinkel eingenommen, die dem Theaterbesucher normalerweise nicht zugänglich sind, wie zum Beispiel der Bereich unter der Drehbühne, das Requisitenlager oder der Dachgiebel. Ergänzt um Text, Audio- und Videobeiträge oder auch um Kommentare und Anekdoten der Mitarbeiter*innen gibt die Tour Einblicke in den Kosmos der Komischen Oper Berlin. Für dieses Projekt wurden innerhalb und außerhalb des Operngebäudes weit über 100 hochauflösende 360-Grad-Panoramen aufgenommen.

GROSSES SCHAUSPIELHAUS BERLIN: Die nicht mehr existierende bau-geschichtliche Ikone, die 1919 durch den Theatermacher Max Reinhardt und seinen Architekten Hans Poelzig in expressionistischer Formensprache gestaltet wurde, feierte in 2019 hundertjähriges Jubiläum. Die folgenden Projekte wollen  Theatererbe sichtbar machen, Teilhabe ermöglichen, historisches Bewusstsein schaffen und Zugänglichkeit zu im/materiellen Theaterobjekten in Archiven und Museen verbessern.


SKETCHING HERITAGE –
Theater und Architektur
Von Mercedes Lozano und Anan Yoon Lee
Die Installation »Sketching Heritage« gibt uns Einblick in die Architekturgeschichte(n) am Standort des Großen Schauspielhauses Berlin. Der Fokus liegt hierbei auf dem Medium der Architekturzeichnung – Skizzen, Grundrisse und Schnitte – die mit Hilfe von Augmented Reality sichtbar und erfahrbar gemacht werden. Eine Fläche, die den ursprünglichen Gebäudekonturen nachempfunden ist, dient als Auslöser für die Augmented-Reality-Anwendung. Drei Tablets ermöglichen den Blick in drei markante Zeitphasen des Gebäudes.


ONE SHOW, TEN PERSPECTIVES –
Theater als Ort für Geschichten und Menschen
Von Rebecca Eisele, Elena Kunau, Dominique Lauvernier und Lea Schorling
Perspektivwechsel sind das Anliegen dieses Projektes. Die Besucher werden in das Berlin der »Goldenen Zwanziger« entführt und erleben einen schillernden Premierenabend im Großen Schauspielhaus Berlin. Dabei wird das Haus aus verschiedenen Perspektiven – wie beispielsweise dem Bühnenstar oder dem Theaterthechniker- erlebbar. Während des zehnminütigen VR-Erlebnisses treffen sich die Besucher*innen in den verschiedenen Rollen in der virtuellen Welt und können sich anschließend im analogen Raum über Erlebtes austauschen. Das Projekt verknüpft dabei Archivmaterialien, wie Plakate, Skizzen oder Tonaufnahmen, zu untereinander verwobenen Erzählsträngen.


TRÄUM WEITER –
Theater als Illusionsraum
Von Jana Rohrsen und Sandra Fox
Die VR-Inszenierung ermöglicht ein Eintauchen in eine unwirkliche Traumwelt mit surrealistischen Bildern und absurden Szenen. Das Mixed-Reality-Konzept besteht aus drei Akten: Zu Beginn einem klassischen Ausstellungszenario, dann einer emotionalisierenden VR-Traumreise und schließlich einem Ausstellungsraum mit vertiefter wissenschaftlicher Darstellung. Die Kombination von auratischen Original-Exponaten auf der einen Seite und deren Kontextualisierung durch eine VR-Erfahrung auf der anderen Seite lässt eine besonders starke Identifikation mit den ausgestellten Objekten zu.

Auf Grundlage dieser prototypischen Ideen, Erkenntnissen und postiven Erfahrungen konnte ein neuer Fördermittelantrag bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gestellt und im September 2019 bewilligt werden. Das so geförderte Forschungsprojekt „Im/material Theatre Spaces – Augmented and Virtual Reality for Theatre“ ist am 1. Oktober 2019 für die Dauer von zwei Jahren gestartet.

Besonderer Dank geht an die Impulsgeber*innen und Unterstützer*innen dieses Workshops:
Prof. Zlatan Filipović, American University Sharjah
Sascha Sigl, Invisible Room Berlin mit. Markus Schmitz und Carl White
Marcel Karnapke, Cyberräuber
Max Kullmann, Stille als Luxus
Firma GROVER
Frank Köckritz, Komische Oper Berlin
Bärbel Reissmann, Theatersammlung Stadtmuseum Berlin
Annette Thoma und Albrecht Sensch, Virtuelles Konzerthaus Berlin