Willkommen in der Zukunft – Perspektiven und Erkenntnisse der Projektmitwirkenden

Übergeordnetes Ziel dieses Teilprojektes war es, die notwendigen strukturellen Veränderungen an den Hochschulen anzustoßen. Langfristig wird Zugang zu XR-Laboren benötigt, wie sie in benachbarten Fachgebieten an der Berliner Hochschule für Technik gerade entstehen, sowie eigene finanzielle und technische Ressourcen in den jeweiligen Studiengängen. Um an VR-Projekten zu arbeiten, die grundsätzlich interdisziplinärer Natur sind, braucht es disziplinübergreifende Kooperationen mit externen Partner:innen und akademischen Netzwerken. So hat sich – auch auf Initiative der digital.DTHG – im letzten Jahr das „XR Academic Network” an der TU Berlin gegründet, ein hochschulübergreifendes Netzwerk, in dem akademische Mitarbeiter:innen Berliner und Brandenburger Hochschulen sich regelmäßig über Lehre und Forschung im Bereich der XR-Technologien austauschen. Die Herausforderung wird zukünftig sein, eigene flexible Strukturen innerhalb der Hochschulen zu schaffen, und diese geschickt mit externem Praxiswissen zu kombinieren. Die beiden Praxisseminare an der Berliner Hochschule für Technik waren insofern ein Impuls in die richtige Richtung.

Projektleiterin und Dozentin Franziska Ritter betont:

„Für alle Beteiligten war es sehr bereichernd, gemeinsam so experimentell und offen darüber nachzudenken, wie mit einer guten digitalen Lehre auf die neuen beruflichen Herausforderungen vorbereitet werden kann.”

Für viele Studierende war diese Arbeitsweise neu, ungewohnt und herausfordernd.  Student Lukas Runge fasst zusammen:

„Pain is temporary – Glory is forever! Durch das Seminar konnte unser kleines Team mit drei Studierenden – trotz geringer Vorkenntnisse – in kurzer Zeit einen Einstieg in die Game-Engine Unity3D finden und so einen funktionierenden Prototyp erarbeiten. Mit unserem Beitrag „Klangraum” kann man Kompetenzen im Bereich der Mikrofonierung virtuell trainieren.”

Auch Student Gilbert Adamek resümiert:

„Das letzte Studienjahr unter pandemischen Bedingungen war extrem herausfordernd, daher war es sehr motivierend, in diesem Seminar sich selbst einmal in die Rolle eines Lehrenden hineinzuversetzen und zu überlegen, wie wir in Zukunft gern unterrichtet werden wollen. Das Seminar war extrem abwechslungsreich, von der Konzeption einer Aufgabe, über das Entwickeln einer didaktischen Vermittlungsstrategie bis hin zum Coden und Umsetzen (was wir alle noch nie gemacht hatten). Und darüber hinaus habe ich nicht nur etwas im Themenbereich Theatertechnik gelernt, sondern auch über agiles Arbeiten, virtuelle Arbeitswelten und Game Design! Es wäre toll, wenn es in Zukunft weitere Angebote dieser Art geben würde.” 

Ein wesentlicher Garant für ein Gelingen des Projektes war die enge didaktisch-konzeptionelle Zusammenarbeit mit den Lehrenden der Fachgebiete des Studiengangs „Theater- und Veranstaltungstechnik und -management”. Prof. Stephan Rolfes, Studiengangsleiter und Professor im Fachgebiete Maschinenelemente und Konstruktionsübungen, beschreibt die Arbeit an den Prototypen:

„Die ersten Konzepte für virtuelle Lernräume haben wir basierend auf bestehenden Lehrveranstaltungen entwickelt. Dabei wurden die Vorteile der Technologie sehr schnell sichtbar: Die Möglichkeit, Lehrinhalte erfahrbar zu machen, für die sonst ein erheblicher räumlicher, technischer und auch finanzieller Aufwand nötig wäre. Das zeigt zum Beispiel die Übung zur Konfiguration von Elektrokettenzugsystemen, die in der „echten“ Realität so nicht umsetzbar wäre: Studierende lernen Anforderungen und sicherheitstechnische Komponenten von Elektrokettenzügen und ihren Steuerungen. Sie können dann in einer virtuellen Übung System konfigurieren und einsetzen.“ 

Für Stephan Rolfes ist die Einführung virtueller Lehr- und Lernräume zukunftsweisend:

„Die entstandenen innovativen Ansätze und hervorragenden Ergebnisse haben gezeigt, wie sinnvoll eine Fortsetzung von VR in der Lehre, aber auch in der Forschung ist. Da haben wir noch einen langen Weg vor uns. An der Berliner Hochschule für Technik entsteht dafür zur Zeit ein eigenes Labor, in dem studiengangsübergreifend VR und AR in der Lehre eingesetzt werden soll.”

Auch Prof. Joachim Villwock, der das „CAE und Simulation – CAVE”- Labor und das Projekt „Interaktive Lehre in virtuellen MINT-Laboren“ leitet, sieht im Einsatz immersiver Technologien ein großes Potenzial in der Lehre:

„Die hier vorgestellten Lernwerkzeuge sind ein wichtiger Meilenstein in der Profilierung des Studiengangs. Über das Projekt hinaus bilden die entstandenen VR-Szenarien eine wichtige Grundlage für weitere Entwicklungen in Richtung hybrider Lehre an der Hochschule. Ziel ist es hier, die Möglichkeiten virtueller Labore konsequent mit digitalen Lehr- und Lernkonzepten zu verknüpfen und in die Breite der Hochschule zu tragen. Diese innovativen Interaktionsformate im virtuellen Bereich gilt es zu verankern und so die Hochschule durch Digitalisierung zu stärken. Besonders beeindruckend fand ich den Reifegrad, der von den Studierenden entwickelten virtuellen Lernwerkzeuge. Es zeigt sich, wie gewinnbringend die Zusammenarbeit zwischen IT-Expert:innen und Fachleuten der Veranstaltungstechnik und Theaterbrache sein kann und wie schnell in der Praxis umsetzbare Anwendungen entstehen können.” 

User-Journey für den VR-Prototypen „Klangraum – Mikrofonierung virtuell erleben“


Neben den Potenzialen hat die Kooperation deutlich gemacht, welche Rahmenbedingungen in Zukunft an den Ausbildungsstätten notwendig sind. 
Dazu konstatiert Prof. Dr. Alexander Lindau, der zwei virtuelle Lehrprojekte aus dem Bereich Medientechnik inhaltlich begleitet hat:

„Die Potenziale virtueller Lehrräume können sich erst dann entfalten, wenn technische und bedienungsseitige Einstiegshürden für Online- oder Präsenznutzer:innen minimiert werden. Hierzu haben wir im Rahmen des Projektes wertvolle Erfahrungen gesammelt. Eine erfolgreiche Integration virtueller Lehre in die Hochschule setzt meiner Meinung nach dauerhafte Investitionen in personelle und technische Infrastrukturen voraus. Nur so kann Virtuelle Realität ihre Vorteile in der Hochschullehre voll ausspielen.”

Dieses Teilprojekt und die entstandenen Prototypen zeigen auf überzeugende Weise, dass diese praxisnahe Art der Kooperation eine agile und und kreative Arbeitsweise und das starke Engagement aller Beteiligten benötigt, um schnell und flexibel auf sich ständig verändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können. So konnte eine neue Art des Lernens gemeinsam mit Studierenden erprobt und die digitale Lehre vorangebracht werden. Willkommen in der Zukunft!