Kurz erklärt: VR Inhalte – vorproduziert versus echtzeitgeneriert, passiv versus interaktiv?!

Die Arten von Inhalten, die in Virtual Reality dargestellt und erlebt werden können, sind vielfältig und sehr unterschiedlich – wir geben einen Überblick.

Die Projektbeispiele, die wir hier zeigen, haben verschiedene Eigenschaften und oft ist es schwer, die Unterschiede genau zu benennen. Zunächst hilft es, klare Gegensätze aufzuzeigen und die Begrifflichkeiten zu schärfen. Denn VR Inhalte bestehen oft aus einer Kombination von Eigenschaften mit fließenden Übergängen.

Monoskopisch oder stereoskopisch

Die vielleicht klarste Unterscheidung ist zwischen monoskopischen und stereoskopischen Inhalten:  Bei einem monoskopischen Bild wird die Perspektive aus einer einzelnen Position dargestellt. Durch eine VR-Brille betrachtet, entsteht so der Eindruck, in einer Kugel zu stehen, auf die das Bild “flach” projiziert wird. Im Gegensatz dazu werden bei der Stereoskopie leicht seitenverschobene Bilder getrennt für jedes Auge erzeugt. Im Gehirn werden diese beiden Einzelbilder zu einem dreidimensionalen Bild zusammengefügt und es entsteht der Eindruck von Räumlichkeit. 

Eigenschaften: Monoskopisch – vorproduziert – nicht-interaktiv:
360° Foto aus dem Zuschauersaal der Komischen Oper Berlin
© Claus-Peter Gabriel, 2019

Eigenschaften: Stereoskopisch – vorproduziert – linear:
„14 Vorhänge“, Einar Schleef, Staatstheater Augsburg, 2021
Inszenierung André Bücker / Produktion Heimspiel
Link zum Projekt: https://staatstheater-augsburg.de/14_vorhaenge

Vorproduziert oder Echtzeit-berechnet

Statische Bilder und linear ablaufende Filme werden (in der Regel) vor dem Zeitpunkt des Betrachtens hergestellt. Sie sind also vorproduziert und können durch die Nutzer:innen angeschaut werden. Die einzige Möglichkeit einzugreifen besteht darin, zum vorherigen oder nächsten Bild zu wechseln oder das Video zu pausieren oder vor/zurückzuspulen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Bilder und Videos durch eine Kamera aufgezeichnet oder in einem 3D-Programm gerendert – also digital berechnet – wurden. 

Bei VR-Inhalten, die in Echtzeit ablaufen werden, berechnet ein Grafikprozessor Bilder auf Basis von raumgeometrischen Datensätzen. Für jedes Auge ein eigenes und – um ein flüssiges Erlebnis in VR zu ermöglichen – mindestens 60x pro Sekunde. Dadurch, dass die Bilder just in dem Moment generiert bzw. “gerendert” werden, in dem sie auch betrachtet werden sollen, kann sich der zugrundeliegende Datensatz konstant verändern – es kann mit der Szene interagiert werden. Gleichzeitig wird hier ein hoher Anteil an Rechenleistung benötigt.

Eigenschaften: Stereoskopisch, echtzeit-berechnet, nicht-interaktiv, linear
Ein Abend im Großen Schauspielhaus, digital.DTHG, 2021
Link zum Projekt: https://digital.dthg.de/schauspielhaus/

Passiv oder interaktiv

Bei einem nicht-interaktiven Erlebnis haben die Zuschauer keinerlei Einfluss auf das erlebte Geschehen und den Ablauf der Handlung. Die Nutzer:innen sind passive Rezipienten einer Darbietung, wie es bei Filmen, Hörspielen aber auch Live-Konzerten oder Theateraufführungen oft der Fall ist.

Bei interaktiven VR-Inhalten können die Nutzer:innen Einfluss auf das Erlebnis nehmen. Ob eine Anwendung interaktiv genutzt werden kann, ist keine binäre Ja-Nein-Entscheidung, sondern eine graduelle; sinnvoll ist es, nach dem Grad der Interaktivität verschiedene Interaktivitätslevel zu unterscheiden: So kann in der einen Anwendung nur über minimale Interaktion das Voranschreiten einer Geschichte bestimmt werden, während bei einer umfangreichen Interaktionsmöglichkeit der Verlauf einer Narration vollkommen frei gestaltet werden kann. 

Eigenschaften: Stereoskopisch – echtzeit-berechnet – interaktiv, linear:
Fragmente – ein digitaler Freischütz, Cyberräuber,  Theater in Karlsruhe und Linz, 2019
Link zum Projekt: http://wp11159761.server-he.de/vtheater/de/fragmente-ein-digitaler-freischuetz/

Lineare oder nicht-lineare Erlebnisse

Wenn durch Interaktionsmöglichkeiten auf den Verlauf der Handlung Einfluss genommen werden kann, so spricht man von einem nicht-linearen Erlebnis. Im Gegensatz dazu ist die Reihenfolge von Abläufen bei linearen Erzählweisen vorherbestimmt und unverrückbar. 

Eigenschaften: Stereoskopisch – echtzeit-berechnet – interaktiv – nicht-linear:
Spatial Encounter, digital.DTHG, 2021
Link zum Projekt: https://digital.dthg.de/hybrid-reale-buehnenraeume/

Credit Titelbild: (c) Claus Peter Gabriel, Komische Oper Berlin 2019

Autor:innen: Vincent Kaufmann, Pablo Dornhege, Franziska Ritter