Lange Zeit waren Game Engines genau das, was der Name vermuten lässt: die Motoren, die “unter der Haube” das Funktionieren von Computerspielen antreiben. Weil die Ansprüche interaktiver und multimedialer Anwendungen auch in anderen Bereichen denen von Computerspielen sehr ähnlich sind, kommen diese Game Engines auch da vermehrt zum Einsatz.
Neben ihrer Funktion als Untermaschinerie moderner Computerspiele, sind Game Engines gleichzeitig auch die Entwicklungsumgebung in der die Anwendungen programmiert und zusammengestellt werden: Sie sind Werkzeuge zur Verarbeitung verschiedene Arten von Steuerungseingaben (z.B. durch VR-Controller), 3D-Daten (Architekturen und Objekte) und Medien (Sound und Video) und dienen zur Ausspielung – basierend auf einer programmierten Logik – auf verschiedene Endgeräte (VR-Brillen, Tablets, Spielekonsolen). Und genau deswegen eignen sie sich auch für die Produktion interaktiver, transmedialer, virtueller oder augmentierter Kunst- und Medien- und Theaterproduktionen. Game Engines sind gleichzeitig Entwicklungsumgebung und universelle Schnittstelle zwischen Medien, Formaten und Technologien.
Waren professionelle Game Engines ursprünglich nur großen Spieleentwickler:innen vorbehalten, stehen mittlerweile die kostenlosen und frei verfügbaren Game Engines den extrem hochpreisigen proprietären Systemen in nichts nach. Die bekanntesten und meist verbreiteten Vertreter der kostenfrei zugänglichen Game Engines sind Unreal Engine und Unity 3D. Für beide gibt es viele kostenlose Einstiegshilfen auch für Anfänger:innen und beide eignen sich uneingeschränkt für die Entwicklung von VR und AR-Anwendungen – haben dabei aber unterschiedliche Schwerpunkte. Wo das Hauptaugenmerk bei Unreal Engine vor allem auf einer sehr hohen visuellen Qualität liegt, punktet Unity 3D vor allem durch eine hohe Flexibilität im Bezug auf Programmierung und Schnittstellen.
Beide Game Engines stehen in einem harten Konkurrenzkampf und werden stetig weiterentwickelt. Insbesondere bei der Unreal Engine wächst der Funktionsumfang des Programms in fast monatlicher Abfolge.
Für Verfechter:innen des Open-Source Gedanken könnte auch die Game Engine Godot interessant sein. Die quelloffene Entwicklungsumgebung lässt den Nutzer:innen viele Freiheiten und die Möglichkeit, die Software nach eigenen Anforderungen selbst umzugestalten.
Neben den voll funktionsfähigen Game Engines gibt es noch andere Softwareumgebungen, welche die Erstellung von VR-Erlebnissen ermöglichen. So ist Spoke für Mozilla Hubs eine beliebte Einstiegsmöglichkeit, um den Umgang und die Gestaltung von virtuellen Räumen zu erlernen. Simlab Composer vereinfacht die Erstellung von virtuellen Trainingssimulationen und interaktiven Produktpräsentationen.
User interface von SimLab Composer
Unity3d: https://unity.com
Kostenlose (bis zu einem gewissen Grad) Game Engine mit einer einfach zu bedienenden Benutzeroberfläche und einem hohen Grad an Anpassungsfähigkeit.
Unreal Engine: https://www.unrealengine.com/
Kostenlose (bis zu einem gewissen Grad) Game Engine mit einer sehr hohen Darstellungsqualität. Die visuelle node-basierte Scripting Oberfläche Blueprints richtet sich vor allem an Gestalter:innen.
Godot Engine: https://godotengine.org/
Kostenlose und quelloffene Game Engine.
Spoke für Mozilla Hubs: https://hubs.mozilla.com/spoke
Webbasierter kostenloser Editor für Mozilla Hubs Szenen.
SimLab Composer: https://www.simlab-soft.com/
Eigenständiges, kostenpflichtiges Programm zum Erstellen und Visualisieren von interaktiven Modellen für VR. Möglichkeit zum Rendern von 360 Grad Bildern und Touren aus virtuellen Modellen.
Autor: Pablo Dornhege